Rechtsgrundlagen für KI im Mittelstand: Mehr als nur der EU AI Act

Veröffentlicht am 01.09.25 14:06 durch roosi Redaktion

Die Künstliche Intelligenz (KI) ist auf dem Weg, Geschäftsprozesse, Wertschöpfung und Innovationszyklen in kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) nachhaltig zu verändern. Doch wer als Entscheider:innen auf den KI-Zug aufspringt, muss mehr als nur den EU AI Act im Blick haben. KI-Systeme berühren eine Vielzahl von Rechtsbereichen – von Geschäftsgeheimnissen über Datenschutz und Haftung bis hin zu Vertragsrecht und Urheberrecht. Wer die wichtigsten Gesetze kennt und gezielt umsetzt, reduziert Risiken und sichert Wettbewerbsvorteile.

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Der EU AI Act – das zentrale, aber nicht alleinige KI-Gesetz

Der AI Act ist der erste umfassende Rechtsrahmen für KI-Systeme in der EU und regelt Entwicklung, Bereitstellung und Nutzung von KI mit Fokus auf Risikomanagement, Transparenz und Verantwortlichkeit. Aber: Der AI Act ist nur ein Teil eines ganzen Rechtsökosystems. Wer KI einsetzt, muss zahlreiche weitere Vorschriften beachten. 

 

Veranstaltungshinweis

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Geschäftsgeheimnisse und KI – Schutz braucht klare Regeln

Das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) schützt unternehmerisches Know-how, Patente, Produktideen und interne Daten – aber nur, wenn Unternehmen aktiv Geheimhaltungsmaßnahmen ergreifen. Die wichtigsten Voraussetzungen: 

  • Nichtoffenkundigkeit: Die Information darf nicht allgemein bekannt oder leicht zugänglich sein. 

  • Geheimhaltungsmaßnahmen: Zugriffsbeschränkungen, Verschlüsselung, Passwortschutz oder Geheimhaltungsvereinbarungen sind Pflicht. 

  • Geheimhaltungsinteresse: Bereits das Streben nach einem Wettbewerbsvorteil reicht als Interesse. 

Praxisrelevant für KI: Wer sensible Informationen (Produktideen, interne Zahlen etc.) in KI-Tools wie ChatGPT oder Cloud-Anwendungen eingibt, läuft Gefahr, dass diese Daten nicht mehr als Geschäftsgeheimnis gelten – insbesondere, wenn der Anbieter sich in den AGB ein Nutzungsrecht für Trainingszwecke sichert. Tipp: Klare interne Richtlinien, Berechtigungskonzepte, vertragliche Absicherungen (Nutzungsrechte, Verbot der Weiterverarbeitung durch Anbieter) und technischer Schutz (z.B. Data Loss Prevention Tools) sind essenziell. 

 

Haftung: Wer trägt die Verantwortung für KI-Fehler?

Die Haftungsfrage bei KI ist zentral und betrifft mehrere Gesetze: 

  • § 823 BGB (Deliktsrecht): Wer fahrlässig oder vorsätzlich Rechte anderer verletzt (z.B. durch eine fehlerhafte KI-Drohne), haftet für entstandene Schäden. 

  • Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG): Bisher beschränkte sich die verschuldensunabhängige Haftung auf physische Produkte. Mit der neuen EU-Richtlinie wird künftig auch Software und KI erfasst. Die Umsetzung in nationales Recht steht jedoch noch aus. 

Praxistipp: Betreiber und Anbieter müssen klare Haftungsregelungen treffen. Auch bei ausgelagerten KI-Services oder Open-Source-Lösungen bleibt das Unternehmen in der Verantwortung. 

 

Datenschutz (DSGVO) und KI: Ein Dauerthema

Sobald ein KI-System personenbezogene Daten verarbeitet, gilt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Für Unternehmen bedeutet das: 

  • Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung muss sichergestellt werden 

  • Datenminimierung und Transparenz sind Pflicht 

  • Betroffenenrechte müssen gewahrt bleiben 

  • Verträge mit Anbietern müssen Datenschutzaspekte abdecken 

Achtung: Viele KI-Anbieter speichern und verarbeiten Daten außerhalb der EU. Verantwortliche müssen sicherstellen, dass Datenschutz und Datenübertragung DSGVO-konform sind. 

 

Vertragsrecht: Rechte, Pflichten und Verantwortlichkeiten klären

Verträge rund um KI regeln Rechte, Pflichten und Verantwortlichkeiten – vor allem, wenn KI als externer Service bezogen wird. Entscheidend ist: 

  • Haftung: Wer trägt die Verantwortung bei Fehlern, Falschinformationen oder Schäden durch die KI? 

  • Zulässige Dateneingaben: Müssen Daten vor der Eingabe anonymisiert werden? Sind personenbezogene Daten ausgeschlossen? 

  • Nutzungsrechte: Wem gehören die KI-Outputs (Texte, Bilder, Analysen)? Wie dürfen sie verwendet werden? 

  • Löschung und Rückgabe: Was passiert mit den Daten bei Vertragsende? Müssen sie gelöscht oder zurückgegeben werden? 

  • Updates & Weiterentwicklungen: Wer ist für Updates, Fehlerbehebung und Testphasen nach Software-Änderungen verantwortlich? 

Ein detailliertes Vertragswerk ist für jedes KI-Projekt Pflicht! 

 

Urheberrecht: KI-Outputs und deren Schutz

KI-generierte Inhalte stehen im Fokus der Rechtsprechung: 

  • Kein Urheberrechtsschutz für vollautomatisierte KI-Outputs (Urteil Kammergericht Berlin 2020): Nur persönlich-geistige Schöpfungen werden geschützt. Wer KI als Werkzeug einsetzt und eigene Kreativität einbringt, kann weiterhin Urheberrechte beanspruchen. 

  • Text- und Data-Mining (§ 60d UrhG): Gemeinnützige Organisationen dürfen unter engen Voraussetzungen Daten aus dem Internet zum Trainieren von KI verwenden. Für kommerzielle Zwecke gelten strengere Regeln. 

Praxistipp: Klären Sie Rechte und Pflichten an KI-Outputs vertraglich. Prüfen Sie, ob und wie Sie KI-generierte Inhalte rechtssicher nutzen können. 

 

Aufsichtsbehörden und Rechtsdurchsetzung

Für die Durchsetzung des AI Acts soll in Deutschland die Bundesnetzagentur als nationale KI-Aufsicht fungieren. Ergänzend sind je nach Sachverhalt weitere Behörden zuständig, darunter: 

  • Datenschutzbehörden (DSGVO) 

  • Bundeskartellamt (Wettbewerb) 

  • Kraftfahrt-Bundesamt (z.B. bei autonomen Fahrzeugen) 

  • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (KI in Medizinprodukten) 

  • BaFin (KI in Finanzdienstleistungen) 

Diese Vielfalt zeigt: Die Rechtsaufsicht für KI ist komplex und vielfach verteilt. 

 

Aktuelle Rechtsprechung und internationale Entwicklungen

Entscheider:innen sollten Urteile zu KI kennen. Beispiele: 

  • Haftung für KI-generierte Inhalte: Wer KI nutzt und veröffentlichte Fehler produziert, bleibt verantwortlich (LG Kiel 2024 – Störerhaftung). 

  • Training mit fremden Inhalten: Gemeinnützige Zwecke bieten mehr Spielraum als kommerzielle. 

International entwickelt sich der Rechtsrahmen stetig weiter. Die G7-Staaten und OECD arbeiten am Hiroshima AI Reporting Framework für globale Standards zu KI-Risikomanagement. 

 

Compliance ist mehr als nur AI Act –Rechtssicherheit braucht Weitblick 

Für KMUs ist klar: Der AI Act ist nur ein Baustein für rechtssicheren KI-Einsatz. Wer Geschäftsgeheimnisse, Datenschutz, Haftung, Urheberrecht und Vertragsrecht nicht mitdenkt, riskiert hohe Bußgelder, Imageschäden und Innovationsbremsen. Empfehlenswert sind regelmäßige Schulungen, klare interne Prozesse, rechtssichere Verträge und der Blick auf neue Rechtsprechung. 

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Tim Erben, Head of Marketing, roosi GmbH